ZENITH IS DECLINE
The Nine Lost Ballads
Myk Jung, bislang vor allem bekannt als Frontmann von The Fair Sex, Testify und Nice Gods Bleed, obendrein als Autor der Parodie ‘Der Herr der Ohrringe’, veröffentlicht nun mit ‘Zenith Is Decline’ das erste unter seinem Namen laufende musikalische Projekt – und
überraschenderweise handelt es sich hierbei mitnichten um den vielleicht zu erwartenden Industrial Rock, sondern um eine Sammlung von Balladen.
Piano, Akustikgitarren, Streicher, stille atmosphärische Passagen der Zerbrechlichkeit, aus denen introvertierte und gefühlvolle Song-Juwelen erstehen: wie sich herausstellt, hat Myk schon des längeren den Wunsch gehegt, seine balladeske Seite ausleben zu können, sich selbst und den Hörer in einen tiefen Abgrund erhabener Melancholie zu stürzen.
Er war in der Lage, aus einem weiten Pool schöpfen zu können: Schon seit eh und je greift er zwischendurch zur Akustikgitarre, um wehmütige Stimmungen in tieftraurige Kompositionen zu verwandeln, deren Anzahl irgendwann so groß geworden war, dass endlich einmal einige von ihnen der Außenwelt preisgegeben werden mussten. Myks Anliegen war es, das Ergreifendste aus diesen seinen persönlichen Songfavoriten herauszufiltern – und sie unter Mithilfe befreundeter Musiker in Ruhe zu arrangieren und auszuproduzieren. Und das ist ihm, bei aller gebotenen Zurückhaltung, in überwältigender Manier gelungen!
Sein Statement, dass es ihm vor allem daran gelegen sei, Songs zu kreieren, “die dem Hörer die Tränen der Ergriffenheit in die Augen treiben”, mag überzogen klingen, inzwischen mehren sich allerdings die Stimmen derer, die genau diese Ergriffenheit bekunden. Mutmaßlich aber hat er vor allem vorgehabt, ein Album zu entwerfen, dem er selbst gern im schwermütigen Dämmerzustand lauschen möchte! Zur Sicherheit sollte man jedenfalls ein paar Taschentücher bereithalten.
Lange übrigens lag Myk mit sich im Clinch, ob ‘Zenith Is Decline’ tatsächlich unter seinem Namen veröffentlicht werden sollte, denn: “Ohne die Hilfe der anderen wäre es ja doch nur ein Songreigen simpler Myk-Akustikgitarren geworden. Und nicht das, was mir vorschwebte, und das war genau das, was herausgekommen ist!” Es standen ihm nämlich versierte Musiker zur Seite: Allen voran Produzent und Arrangeurmeister Ramon Creutzer, auf dessen Initiative das Balladenprojekt schon im Frühjahr 2001 zum ersten Mal angedacht worden ist.
Multiinstrumentalist Tobias Terschluse bereicherte einige der Songs mit seinem feinfühligen Pianospiel, darüber hinaus mit kompetenten Bass-, Schlagwerk- und Keyboard-Arrangements.
Seine langjährigen Bandkollegen Lawrence Molnar, Lydia Nwokedi und L’O ergänzten Myks Gitarren um die eleganteren Varianten; Krischan Wesenberg von Rotersand schuf mehrere schillernd-düstere Soundscapes – und wieder einmal erwarb Myk Jung die Dienste der Sängerin Miss Bliss, die schon dem The Fair Sex-Klassiker ‘In The Desert’ hauchzarten Schmelz verlieh.
Besonders hervorgehoben werden sollte allerdings der Beitrag des jüngsten Ensemble-Mitglieds: Myk lud seine zehnjährige Tochter Allegra ins Studio, um zwei Songs, nämlich
‘A Dream Of Sway’ und ‘Veiled’, als Leadsängerin zu intonieren. Was ein durchaus nahe
liegender Gedanke war: denn sie hat die Melodiebögen dieser zwei Stücke in der Tat selbst entworfen, sie irgendwann einmal auf einem alten Kassettenrecorder aufgenommen (!).
Nahtlos fügen sich diese zwei fragilen Songperlen in den Reigen der Neun Balladen ein, die für ‘Zenith Is Decline’ ausgewählt wurden:
Die von Piano dominierten, pathetisch-dramatischen Geschwisterstücke ‘Ten Thousand Centuries’ und ‘The Ancient Moon’, das elegisch-atmospärische, von dunklen Flächen getragene Sehnsuchtsgemälde ‘The Name Of Endless Yearning’, die zwei vor allem von Akustikgitarren getragenen ‘Faltered’ und ‘Toys Of Time’, Myks eher lakonisch wirkendes Lieblingsstück des Albums ‘The Shine Of Her Cold Eyes’ – und, schließlich, das unerträglich berührende ‘Beyond All’.
Eingebettet werden die Neun durch den Zyklus der Collagen ‘Flight Part I – VI’, die, thematisch miteinander verwoben, den Faden spinnen, der mit dem Begriff ‚Vergänglichkeit’ belegt werden mag. Denn, fast ungeplant, ist dies das beherrschende Thema von ‘Zenith Is Decline’: der Moment, der dem Dahinwelken ausgeliefert ist… Scherben zersplitterten Glücks…Unstillbares Weh
Der Vergänglichkeit ohnehin schonungslos ausgeliefert, ist ‘Zenith Is Decline’ die adäquate akustische Untermalung, um in angenehmer Melancholie zu schwelgen.
Denn: What will be is hope! (‘Beyond All’)